Der Begriff Prosopagnosie ist ein Kunstwort, das von Bodamer (1947) eingeführt wurde.
Es setzt sich aus den griechischen Worten prosopon (πρόσωπον)
für Gesicht und agnosia (αγνωσία)
für Nichtwissen, Nichterkennen zusammen. Das Phänomen ist schon länger bekannt.
A. J. Larner zitiert (J Neurol. Neurosurg. Psychiatry 75;1063 (2004)) Beispiele
bei Quaglino (1867), Hughlings Jackson (1872, 1876), Charcot (1883) und möglicherweise
auch bei Thucydides (Θουκυδίδης, Thoukudídês)
und Seneca.
Die Prosopagnosie bezeichnet die Unfähigkeit eine Person am Gesicht allein zu erkennen.
Die deutsche Bezeichnung Gesichtsblindheit ist irreführend. So wie im oben ausgeführten Beispiel mit dem chinesischen Gastgeber, wird ein Gesicht in allen seinen Facetten detailliert gesehen.
Es kann beurteilt werden ob es männlich oder weiblich ist, ob es attraktiv ist und ob es freundlich, wütend oder ärgerlich ist.
Das Defizit liegt allein im Nichtwiedererkennen. Es liegt also keine allgemeine Objektagnosie oder Differenzierungsschwäche von gleichartigen Objekten vor.
Das Phänomen der Prosopagnosie ist in jüngster Zeit in der Fachwelt zunehmend bekannter geworden und erhält interessanterweise vor allem in der Laienpresse
eine immer größere Resonanz, da sich das Thema sehr publikumswirksam ausgestalten lässt, wie schon die griffigen Titel zeigen:
Eine Auswahl:
Kurzbiographie (Mit freundlicher Genehmigung der Familie)
Joachim Bodamer, geboren 26. Juni 1910. Humanistisches Gymnasium in Stuttgart,
Studium der Medizin in Heidelberg, Berlin und München. Er studierte Philosophie bei
Karl Jaspers und Nicolai Hartmann. Als Facharzt für Neurologie und Psychiatrie arbeitete er am
Psychiatrischen Landeskrankenhaus Winnental in Winnenden - heute Zentrum für Psychiatrie Winnenden, Krankenhaus für Psychiatrie und Neurologie.
http://www.zpn.de - und kurze Zeit auch in Emmendingen bei Freiburg im Breisgau.
In dieser Zeit schrieb er wissenschaftliche Arbeiten zur Geistesgeschichte der Psychiatrie
und zu Fragen der Hirnpathologie. Als Feldarzt war er im Krieg in Russland, Frankreich und Bulgarien.
In dieser Zeit wurde er auf das Phänomen der erworbenen Gesichtsblindheit bei Soldaten mit Schädel-Hirnverletzungen
aufmerksam. Zur geistigen Situation der modernen Menschen im technischen Zeitalter
verfasste er mehrere Bücher `Der Mensch ohne ich´ war mit einer Gesamtauflage von 120.000 Exemplaren einer der
erfolgreichsten Herder-Büchereibände" (Auszug aus dem Klappentext der letzten Neuausgabe1981). Er starb am 7. Juli 1985 in Stuttgart.