Sehphysiologische Untersuchungen zeigen, dass die Wahrnehmung von Gesichtern anders erfolgt als die der übrigen Objekte. Ob ein Gesicht nun sofort als Ganzes wahrgenommen wird oder erst Informationen über Anordnung und Form von Gesichtsbestandteilen verarbeitet werden müssen, ist noch in Diskussion. Auf jeden Fall läuft die Erkennung sehr schnell ab. Verschiedene Gesichtserkennungsmodelle versuchen den komplexen Vorgang zu beschreiben, ohne dass bisher die Details verstanden sind. Unbestritten ist, dass für das sichere und schnelle Wiedererkennen eines Menschen das Gesicht am informativsten ist. Das schließt nicht aus, dass darüber hinaus viele andere - nicht-faziale - Erkennungsmerkmale genutzt werden. So kann man natürlich - auch ohne das Gesicht zu sehen - Personen am Haarschnitt, Gangbild, Körperform, Schmuck, Kleidung, Narben, Leberfleck oder Stimme erkennen. Genau diese Strategie verfolgen Prosopagnostiker. Im Allgemeinen kommen sie damit zurecht und fallen erst in Sondersituationen z.B. bei einer unerwarteten Begegnung in unerwarteter Umgebung auf. Die im Alltag guten Kompensationsmöglichkeiten sind sicherlich ein Grund, dass die angeborene Prosopagnosie bis heute kaum bekannt ist.